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Archiv Erika + Jürg - Reiseberichte - Südamerika 2010+ - Chile 2011 - Paso San Francisco

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13. … 14. Februar

Reiseroute: San Pedro de Atacama – El Salvador –Paso San Francisco - Fiambala (Argentinien), total 1317km. Fotogalerie

San Salvador

(Fotogalerie)

Wir haben sorgfältig abgewogen und geplant, von San Pedro de Atacama aus über den Jama-Pass nach Argentinien zu fahren. Dies bedeutet, dass wir einen ersten chilenischen Pass von 4820m überqueren müssen und hernach auf 300km Länge den Altiplano auf Höhen zwischen 4400 und 4000m. Die erste tiefer liegende Ortschaft in Argentinien wird Purmamarca sein auf 2300müM. Soweit die Planung und Absicht…

Wir sind also heute früh aufgestanden und reihen uns um 0745 in die wartende Schlange von Autos vor dem chilenischen Zollgebäude ein. Um 8Uhr öffnet ein einziger Beamter seinen Schalter und die vielen Lastwagenchauffeure vor uns werden scheinbar zügig abgefertigt. Aber eigenartigerweise fährt niemand los. Als ich endlich beim Zollbeamten bin, wird mir dann klar warum: Der Jama-Pass sei momentan noch gesperrt, und man wisse nicht, ob und wann er geöffnet werde. Ich suche englischsprechende Fahrer, um besser informiert zu sein. Ich finde aber lediglich heraus, dass auf argentinischer Seite Eis und Schnee auf der Strasse liege. Der bolivianische Winter hat also bis hierher gewirkt…

 

Unter den Wartenden sind ein deutsches Paar mit Wohnmobil sowie ein Schweizer Paar mit eigenem Personenwagen. Plaudernderweise ist es natürlich nicht langweilig zu warten. So gegen 10Uhr überzeugt mich Erika, den nächstsüdlichen Pass mit gutbefahrbarer Strasse - den Paso San Francisco -  zu „nehmen“, denn die Sperre des Jamapasses könnte noch Tage dauern.

Wir starten unverzüglich Richtung Calama, von dort über Antofagasta nach Chanaral. Auf der sehr langen Fahrt durchqueren wir also ein weiteres Mal die Atacamawüste. Von Chanaral aus drehen wir nach Osten in ein tief eingeschnittenes Tal und gewinnen langsam Höhe. Erst bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir El Salvador, eine abgelegene Minenstadt auf einer Höhe von 2400m.

Paso San Francisco, chilenische Seite

(Fotogalerie)

Und es liegt erneut eine anstrengende Fahretappe vor uns, nämlich über den Paso San Francisco das über 450km entfernte Fiambala in Argentinien zu erreichen. Dazwischen gibt es keine Übernachtungsgelegenheiten. Beim Aufstehen am Folgetag stellen wir uns deshalb die Frage, ob wir hier einen Ruhetag einlegen sollen nach dem Kraftakt von gestern. Aber schliesslich geben wir uns einen Ruck, und treten die Flucht nach vorwärts an, Richtung Paso San Francisco. Ob es reichen wird bei Tageslicht über die Passstrasse über 4700m Höhe mit Kiesbelag, die 470km zurückzulegen? Nach einer ersten Stunde Fahrzeit entdecken wir auf einer Kreuzungsstation einen wartenden Minenzug, ganz mit Rohkupferplatten beladen. Das muss ich fotografieren und ich klettere auf einen Wagon, um eine bessere Sicht von der wertvollen Fracht einzufangen. Ein Zugbeamter kommt herbei und begrüsst mich. So finde ich heraus, dass die Ladung 2900 t Kupfer wiegt (mit einem Wert von etwa 3Mio Franken!!!).

Kurze Zeit später halten wir bei einem einsamen Bauernhof und schwatzen mit Händen und Füssen mit dem Besitzer. Er hält Lamas, Schafe, Ziegen, ein Pferd und Hunde. Er fragt uns nach unserer Herkunft und er scheint tatsächlich zu wissen, wo „Suiza“ liegt.

Wenig später führt die Strasse in Kehren einen Steilhang hoch. Wir verlassen offensichtlich das im Wüstenplateau lang eingeschnittene Tal und sind nun bereits auf 3300m Höhe. Es scheint, dass wir nun die tiefsten Ebenen des Altiplano erreicht haben. Bis zur Passhöhe sind es aber noch gute 150km zu fahren.

Nun steigt die Strasse leicht, aber kontinuierlich, bis wir den Salar de Pedernales erreichen, auf etwa 3600m. Wir haben die schneebedeckten Sechstausender  vor uns, sie bilden die Grenze zu Argentinien. Auf starken Zwischensteigungen zwischen jeweils zwei Altiplano-Ebenen muss der  Geo ganz gehörig „arbeiten“. Manchmal genügt nur noch der erste Gang, und ich kontrolliere im Rückspiegel, ob der Motor raucht oder nicht. Nun sind wir auf 4000m und vor uns blitzt der Salar de Maricunga im Sonnenlicht weiss auf, im Hintergrund der eis- und schneebedeckte Gipfel des fast 7000m hohen Monte Pissis.

Wir fahren dem Salar entlang und erreichen die chilenische Grenzstation. Hier bemühen sich gleich mehrere Beamte um unsere Papiere, und sehr schnell ist alles erledigt. Ein russisches Bergsteigerpaar möchte mitgenommen werden. Wir lehnen aber ab, weil wir noch 700 weitere Höhenmeter zu überwinden haben, und weiteres Zusatzgewicht deshalb nicht willkommen ist. Ausserdem können wir Fahren und Halten besser unseren eigenen Höhenproblemen anpassen.

Es geht nun wieder ostwärts, immer ansteigend zu einem nächsten „kleinen“ Altiplano. An der Strasse wird nun überall gebaut, wobei die provisorischen Ausweichstrecken für unseren Geo kein Problem sind. Hie und da nehme ich den Allradantrieb, wenn es zu sandig wird. Auf 4500m passieren wir die Lagune Verde, welche fast kitschig hellblau leuchtet. Ab hier haben die Bauarbeiter die Strasse so richtig aufgewühlt, und sich kaum die Mühe gemacht, Umfahrungspisten anzulegen. Die neu aufgebrachten Beläge liegen z.T. als Wälle auf der alten Piste bereit. Mit Schwung fahre ich darüber. Vor uns fahren vier schwer beladene argentinische Lastwagen, welche ich keinesfalls am Zoll vor mir wissen möchte. Also überhole ich diese mit Schwung, zum Teil sogar rechts, durch weichen Kies und Sand, in der Steigung drin. Aber der Geo schafft dies und wir sind endlich vorne, auf den letzten 100m Anstieg zum Pass. Und schliesslich sind wir oben: Das GPS zeigt 4740m, die Passtafel schreibt 4726müM. Ein neuer Rekord für den Geo, nicht für uns: Bei San Pedro waren wir ja mit der Reisegruppe 100m höher! Erika fühlt sich nicht wohl, weshalb wir sofort talwärts stechen.

Paso San Francisco, argentinische Seite

(Fotogalerie)

Und nun bin ich richtig überrascht: Ab hier haben wir perfekte Asphaltpiste. Der argentinische Zoll befindet sich schon fast wieder auf 4000müM. Nun können wir abwärtsfahrend die schönsten Altiplanolandschaften geniessen. Die Grasbüschel auf den Kiesabhängen leuchten gelb und lassen den Eindruck entstehen, es handle sich um ein Blütenmeer. Die Berghänge nehmen die verschiedensten Farben an von grau zu blau, rot, grünlich und beige… Das Sonnenlicht zwischen den Wolken durch und der vor kurzem nieder gegangene Regen tragen zum weichen Farbenspiel bei.

Wir haben keine Wahl: Vom Pass bis zur ersten Ortschaft sind es auch auf dieser Seite gute 200km, es sei denn, wir würden eines der zahlreichen Refugios  am Wegrand zum Übernachten benutzen.

Der Schluss der Strecke führt schliesslich durch eine Schlucht mit rötlichen Felsen, nach jeder Kurve eine neue Überraschung bietend. Die Gesteinsschichten sind praktisch senkrecht aufgestellt und scharf verwittert. Dann wird das Tal wieder breiter. Erika hält an, um eine alte Frau zu beschenken. Diese hat zwei beladene Esel und zwei Hunde bei sich. Sie will sich mit uns unterhalten, kann aber nicht mehr laut sprechen.

Dann noch die letzten Kilometer durch ein breites Tal und wir erreichen müde die Ortschaft Fiambala, unser Etappenziel.