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Archiv Erika + Jürg - Reiseberichte - Südamerika 2010+ - Chile 2011 - Chuquicamata

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07. … 12. Februar

Reiseroute: Putre - Arica - Calama – Chuquicamata - Calama -Toconce – Calama – San Pedro de Atacama – Tatio Geysire – San Pedro de Atacama, total 1296 km. Fotogalerie

Es hat hier in Putre beide Nächte fast durchgeregnet und wir erleben nun bei unserer Rückfahrt nach Arica hinunter, wie eine Andenstrasse nach Regen aussehen kann. Arbeiter sind nämlich mit schweren Baumaschinen dabei, Felsstücke und Geröll beiseite zu schieben. Mit unserer Art Fahrzeug haben wir zwar keine Mühe, die heruntergefallenen Hindernisse zu umkurven oder zu überwinden. Aber es wäre nicht lustig, von „Geschossen“ getroffen zu werden, wie sie noch auf der Fahrbahn liegen. Jetzt scheint die Gefahr wesentlich geringer, weil es seit einigen Stunden nicht mehr regnet.

Kupfermine

(Fotogalerie)

In Arica bleiben wir nur eine Nacht und fahren gleich nach Calama weiter, um wieder an unserem Höhentraining zu arbeiten. In dieser Stadt bewerben wir uns zum dritten Mal für eine Besichtigungstour durch die Mine Chuquicamata. Die  nächsten freien Touren seien erst in 10 Tagen, und für alle Fahrten der nun folgenden Tage seien Wartelisten von mindestens 10 Personen, ist der Bescheid. Jemand gibt uns den Tipp, einfach zum Sammelplatz des Busses hinzufahren, und auf nicht erscheinende Angemeldete zu hoffen. Dies tun wir am nächsten Tag. Ich verfahre mich allerdings in der Stadt total und wir sind erst 15 Minuten vor Abfahrt des Busses dort. Wir tragen uns als Nummer 7 und 8 in die Warteliste ein, und sitzen zu unserer eigenen Überraschung 15 Minuten tatsächlich im Besichtigungsbus, welcher nun zur Mine Chuquicamata hinauffährt. Wir erreichen die verlassene Stadt Chuquicamata, welche einst 20‘000 Bewohner gezählt, und alle Einrichtungen wie Spital, Kino, Stadion und anderes mehr aufgewiesen hatte. In einem kleinen Museum erklärt uns die Führerin die Gewinnung des Reinkupfers aus den beiden unterschiedlichen Erzen, dem Kupferoxid und dem Kupfersulfat. Das Schlussresultat der Prozesse sind 240kg schwere flache Kupferbarren, welche noch diverse andere edle Metalle enthalten. Wir fahren dann mit dem Bus zur „Oberkante“ des grossen Loches und können bei einer Aussichtsplattform hinein- bzw. hinuntersehen.

In etwa 60 Stufen wurde in den letzen hundert Jahren bis heute ein Loch von 5km Länge, 3km Breite und 1km Tiefe geschaffen. 70% der oberen Schichten sind aber reines Deckgestein, welches zuerst abgetragen und anderswo aufgeschüttet werden muss. Dann erst kommt das erzhaltige Gestein. All dieses Material wird von schweren Kippern über steile Pisten hochgekarrt. Jeder Kipper lädt 300 bis 400t Gestein auf einmal, also gute 100m3. Man besitzt hier etwa 100 solcher Kipper, wovon 25 Stück jeweils gerade den Service durchlaufen, und 75 im Einsatz sind, und zwar im 24-Stunden-Betrieb. Täglich werden neue Bohrungen gemacht und morgens um 0530 wird gesprengt. Das lose Material wird dann in den folgenden 24 Stunden mit riesigen Löffelbaggern auf die Kipper verladen und von diesen hochtransportiert.

Jährlich werden gegen 100Mio Tonnen Kupfererz hochgehievt, und zu knapp 1Mio Tonnen Kupfer verarbeitet. Diese Menge hat momentan einen Gegenwert von etwa 10Mio$. Bis in etwa 5 bis 8 Jahren, wird man den Grund des kupferhaltigen Gesteins erreicht haben in etwa 1100m Tiefe. Dann wird man von hier aus im Untertagebau quer hinein weiter abbauen, wobei das wegen den zu erwartenden Erdbeben besonders schwierig und gefährlich ist.

Man hat hier in der Nähe weitere Flöze unter der Erde abgrenzen können und glaubt, noch 30 bis 40 Jahre im gleichen Rhythmus Kupfer produzieren zu können. Der chilenischen Wirtschaft wird es also weiterhin sehr gut gehen.

Mit dem Feldstecher schauen wir fast ehrfürchtig in die Tiefe und sehen die riesigen Löffelbagger, Bohrgeräte und Kipper wie Spielzeuge in einem grossen Sandkasten. Die Grösse der Geräte wird dann bewusst, wenn man daneben winzig kleine geländegängige Personenwagen entdeckt, oder noch winzigere Arbeiter, und vor allem dann, wenn ein solches Kipper-Ungetüm vollbeladen mit gebrochenem Gestein neben unserer Plattform vorbeibrummt.

Toconce

(Fotogalerie)

Am folgenden Tag besuchen wir die zwei Indiodörfer Chiu Chiu und Toconce am Fusse der Anden. Die schmucken Kirchlein sind sehenswert, vor allem deren Gebälk und Türen aus Kaktusholz.

Welch ein Unterschied die heutige Fahrt durch die Einsamkeit der Atacama und die ruhigen Dörfer, im Vergleich zur staubigen Grossmine von gestern…

Tatio-Geysire

(Fotogalerie)

Dann verlegen wir unser Domizil erneut nach San Pedro de Atacama. Von hier aus buchen wir einen Busausflug zu den Tatio Geysiren, weil man angeblich bei Sonnenaufgang dort sein sollte, und weil wir grundsätzlich nachts nicht selber fahren.

Um 4Uhr morgens wäre eigentlich die Abfahrt. Aber mit südamerikanischer Pünktlichkeit geht es dann erst um 0445 los. Die Distanz ist etwa 100km und die Strasse steigt nun kontinuierlich von 2300 auf 4300müM. Im Dunkeln können wir erkennen, dass an die 20 Fahrzeuge unterwegs sein müssen mit dem gleichen Ziel. Wir sind dann kurz vor Sonnenaufgang am Parkeingang und werden ausgeladen.

Wir befinden uns inmitten von einigen hundert Touristen, welche nun alle auf das Schauspiel warten, wenn die Geysire in der Morgenfrühe aktiv bzw. aktiver werden. Ich bin dann allerdings enttäuscht über die geringe Kraft und Höhe der Wasserfontänen, und fotogen ist zu dieser Zeit mit dem kalten Licht und den vielen Touristen schon gar nichts. Wir sehen uns dann die verschiedenen Geysir-Typen an, von dauernd sprudelnden heissen Quellen, dann dauernd austretende Dampfschwaden und die in periodischen Abständen ausbrechenden Wasserfontänen. Viele der Touristen vergnügen sich in natürlichen Planschbecken mit heissem Wasser.

Als endlich die Sonne die Dampfschwaden beleuchtet (was zum Fotografieren interessant wäre), ist leider im Programm vorgesehen, weiter zu fahren. Ich bereue wieder einmal, von einer Reisegruppe und einem Führer abhängig zu sein…

Für mich folgen nun die eigentlichen Höhepunkte der Fahrt: Wir sehen Vikunjas in leicht schneebedeckten Grashängen liegen oder grasen. Wir durchfahren die Puna auf ungefähr 4200müM und geniessen die Rundsicht auf die verschiedenen schneebedeckten und nun von der Sonne beschienen Gipfel und Vulkane, alle im Bereich von 6000m hoch.

Der Vordergrund bilden entweder braune Kiesfelder, manchmal Ebenen mit gelben Grasstoppeln, etwas mit Schnee verzuckert, oder dann grüne Feuchtgebiete mit kleinen Lagunen, wo Flamingos und andere Vögel herum stelzen. Dies sind meine Lieblings-Landschaften. Hier würde ich gerne länger verweilen. Aber wir sind eine Gruppe, und das Programm muss abgespult werden. Also geht es abwärts und auf etwa 3300m besuchen wir ein Indiodorf, welches vorbereitet ist auf den „Überfall“ von einigen hundert Touristen und zwei Dutzend Bussen und Personenwagen. Aber auch so lässt sich die Einfachheit und der Charme der Siedlung etwas erahnen. Malerisch sind allerdings die saftig grünen Wiesen mit den Lamas neben dem Dorf. Zwei Buben geben einem jungen Lama gerade die Milchflasche und Erika übernimmt begeistert für einen Moment diesen Job.