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Archiv Erika + Jürg - Reiseberichte - Südamerika 2010+ - Argentinien 2010 B - Torres del Paine

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24. … 25. Dezember

Reiseroute: Punto Arenas – Puerto Natales - Torres Del Paine - Puerto Natales, total 579 km. Fotogalerie


Hinweis: Der in diesem Subkapitel beschriebene Reiseabschnitt liegt natürlich ganz in Chile und wurde zwecks einfacheren Aufbaus dem Hauptkapitel Argentinien B zugeordnet.

Punto Arenas

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Das chilenische Hafenstädtchen Punto Arenas ist wesentlich romantischer und pittoresker als das etwas wirr aufgebaute Ushuaia. Noch weht hier ein Hauch Geschichte; der Hafen ist auch nicht mit Luxusjachten belegt, sondern mit Handels- und Fischerbooten. Und man hat eine richtige Plaza, mit vielen Bäumen. Bei einem Spaziergang durch Punto Arenas betrachten wir die Art, wie hier die Verkaufsgeschäfte Navidad (= Weihnachten) vermarkten, wie die Weihnachtsbäume elektronisch funkeln und wer alles Samichlaushüte trägt. Bei der hier in dritter Generation lebenden Schweizer Familie Baeriswyl trinken wir in der Chocolateria einen Kaffee und hören vom Besitzer etwas über die Geschichte der Auswanderung seines Grossvaters, welcher noch als Holzfäller in den Wäldern arbeitete.

Puerto Natales

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Wir wollen Weihnachten wegen des dazu passenden Namens in Puerto Natales verbringen und fahren am 24. Dezember hin. Alle Fischer scheinen dort Weihnachtsferien zu verbringen. Gegen 50 Fischerboote liegen eng aneinander vertäut im Hafen. Man erklärt uns, man fahre erst nach Neujahr wieder los zum Fischen, wobei innerhalb der Fjorde und Inseln gefischt werde, und nicht im offenen Pazifik.

Torres del Paine

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Heute ist alles mit Wolken verhangen und wir sorgen uns, ob wir wohl etwas von den markanten Gipfeln des Torre del Paine sehen werden. Aber da ja angeblich das Wetter so schnell umschlagen kann, hoffen wir auf ein Umschlagen in die sonnige Richtung. Ausserdem ist der Park über 100km entfernt, so dass die Sonne noch Zeit hat, unseren Wünschen entgegen zu kommen.

Wir fahren nördlich und bald einmal wird es tatsächlich sonnig und wir erreichen ein Gebiet mit breiten, flachen Tälern, mit saftigem Gras, vielen Rindern, Pferden und Schafen, und schönen Estanzias. Lupinen säumen die Strasse und trotzen anscheinend dem starken Wind hier. Allmählich wird es bewaldeter. Unsere Fahrt führt vorerst über eine perfekte Betonpiste, ab Cerro Castillo hat es dann nur noch eine Schotterstrasse.

Wir sehen mehrfach Nandus. Einmal halten wir an, überholen eine flüchtende Nandufamilie und ich steige aus, um ihnen nun entgegen gehen zu können. Ich bin fest in der Annahme, dass die Tiere nun umdrehen und erneut flüchten. Aber die  Mutter mustert mich, und geht dann langsam auf mich zu. Die über zehn Jungvögel folgen nach einigem Zögern. Langsam kommen alle näher und gehen schliesslich in 5m Meter Entfernung an mir vorbei. Allerdings beschleunigen nun die jungen Nandus ihr Tempo und halten sich nun vor ihrer Mutter auf. Das Ganze ist ein aufregendes Ereignis für mich, nachdem sich die Nandus auf unserer bisherigen Reise durch die Anden und Patagonien als ausserordentlich scheu und fluchtbereit erwiesen hatten.

Plötzlich sehen wir ein kleines Stinktier die Strasse überqueren. Auch dieses flüchtet nicht eigentlich vor uns; es mustert uns kurz und verschwindet ganz einfach im Gebüsch, weil es wohl sowieso dorthin wollte.

Die Strasse biegt nun gegen Nordwesten und steigt durch Tälchen leicht an. Es hat hier unzählige Guanakos, welche offenbar die vielen Autos und Touristen gewöhnt sind, und nur wenige Schritte weichen, wenn wir vorbeifahren. Auch das Anhalten des Autos stört sie nicht weiter. Sie fressen ohne aufzuschauen weiter.

Also experimentiere ich weiter und steige aus. Und siehe da, sie flüchten immer noch nicht. Ganz langsam nähere ich mich einigen Tieren. Die Jungtiere verstecken sich sofort auf der geschützten Seite der Mutter. Ich kann bis etwa drei Meter an einzelne Guanakos herankommen, und fotografieren. Das Klicken der Kamera stört fast mehr, als meine Person.

Auch Erika macht die gleichen Experimente. Sie kann sogar fast ein liegendes Jungtier anrühren. Später können wir auch einen Fuchs beobachten, welcher unsere Strasse quert.

Die wuchtigen und bizarr geformten Türme und Zähne des Torre Del Paine werden immer besser sichtbar, sind aber immer noch leicht vernebelt. Hartnäckig halten Wolken den höchsten, schneebedeckten Gipfel im Hintergrund gefangen. Wir hoffen auf den Nachmittag, beim Zurückfahren.

Wir umrunden das Massiv, an verschiedenen Seen vorbei. Die einen sind wenig tief, mit viel Pflanzen darin, manchmal fast dunkelgrün, andere fast unnatürlich hellblau, offensichtlich mit viel Kalkgehalt im Wasser (es hat ja hier in Chile alle paar zehn Kilometer einen Lago Azul oder eine Laguna Verde). Die Strasse geht kurvig auf und ab, über kleine Pässe und durch Täler. Irgendwo am Wegrand picknicken wir im Geo, denn draussen im rauen Wind ist das für uns undenkbar.

Für den Rückweg müssen wir die gleiche Strasse benutzen. Nun können wir die bizarren Felsgipfel des Torre del Paine doch noch in ihrer vollen Wucht betrachten und vernünftig fotografieren; ich kombiniere sie hierzu mit allerlei Vordergrundsujets: Blaue Seen, grüne Seen, patchworkartig gemusterten Abhängen aus Pflanzenpolstern in den verschiedensten grünen Farben.

Bei der Fahrt zu einem etwas entfernten Wasserfall können wir der Geburt eines kleinen Guanakos beiwohnen. Allerdings wird uns das Warten für das erste Aufstehen des Kleintieres zu lang. Immerhin hat es den Kopf und Oberkörper längst aufgerichtet und es wird es sicher schaffen.