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Archiv Erika + Jürg - Reiseberichte - Südostafrika 2010 - Sambia 2010

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25. Januar bis 6. Februar

Reiseroute: Katima Mulilo – Livingstone – Mazabuka – Fringilla – Serenje – Kasama – Nakonde, 6 Etappen, total 2040 km. Fotogalerie

Auch der Beginn unserer sambischen Teiletappe ist geprägt von Unterhaltssorgen: In Livingstone ist keine Ersatzwindschutzscheibe erhältlich, weshalb wir extra vier Tage auf eine Lieferung aus Lusaka warten. Als der Transporter endlich ankommt, stellen wir enttäuscht fest, dass unsere Scheibe nicht dabei ist. Also nehmen wir kurz entschlossen das Risiko des totalen Glasbruchs auf uns und fahren die rund 480km bis Lusaka, um dort eine Ersatzscheibe zu suchen. Die finden wir schliesslich am Samstagmorgen um 1000, gerade rechtzeitig, dass sie vor dem freien Wochenende eingebaut ist. Auch diese Hürde wäre also gemeistert.

Inzwischen hat unser Regenzelt mehreren Gewitterregen standgehalten, und wir können uns nun auf die Dichtigkeit in einem Tropenregen verlassen. 50km nördlich von Lusaka machen wir auf der Gästefarm Fringilla einen mehrtägigen Halt, um die Webseite nachzutragen, und Erika etwas auszukurieren. Auch die Unterhaltsprobleme halten an: Das eine Seil des Bettabsenkmechanismus reisst, und in der Morgenfrühe des nächsten Tages muss ich zuerst ein neues Kohlefaserseil einfädeln, bevor wir das Bett hochziehen können. Ein Schneider näht uns hier in Fringilla für umgerechnet etwa 13 Schweizerfranken eine Sechsfachtasche für das Armaturenbrett. In diesen Tagen und Nächten auf der Fringilla Farm müssen wir erneut einigen Regen ertragen und im Pflotsch herumwandern.

Dann aber haben wir genug und starten der Great North Road entlang gegen Nordosten. Wir haben ja schon in der Schweiz geplant, die Regenzeit in Sambia zügig zu durchfahren und dann dem Tanganyikasee entlang gegen Norden, nach Kigoma und zum Gombe National Park mit dem Schimpansenreservat. Zügig durchqueren wir den Nordosten von Sambia, und erreichen in der Hafenstadt Mpulungu den Tanganyikasee. Es ist dies der zeitgrösste See Afrikas und der zweittieftse See der Welt. Er beinhaltet 1/6 der Süsswasservorräte unserer Erde, liegt im Afrikanischen Graben und ist ca. 800km lang.

Wir wollen hier auch den zweithöchsten Wasserfall Afrikas, den Kalambo Fall besuchen. Allerdings sind die ersten 5km dahin derartig happig zu fahren (Wasserlöcher, Rippen, Schlaglöcher, Schlamm etc.), dass wir bei der eigentlichen Abzweigung von der Strasse zur tansanischen Grenze aufgeben und umkehren; es wären noch weitere 35km gewesen bis zum Wasserfall. Auf den 5km Rückweg nach Mpala habe ich neben dem Manövrieren und dem Ausweichen von vielen entgegenkommenden Radfahrern (!) auch noch Zeit, mir die Schwierigkeiten der über 600km Fahrt bis Kigoma auszumalen, wenn die Strasse jenseits der Grenze die identische Qualität hätte. Was übrigens keinesfalls zuverlässig zu erfragen ist.

Wir verzichten deshalb definitiv auf die Fahrt entlang des Tanganyikasee. Wir nehmen eine 182km lange Nebenstrasse zum „normalen“ Grenzort Nakonde an der Great North Road. Dies erweist sich im Nachhinein als krasser Fehlentscheid. Denn anstelle der von einem Polizisten geschätzten Fahrzeit von 3 Stunden brauchen wir viereinhalb, trotz schneller und konzentrierter Fahrweise auf dieser holprigen, löcherigen und glitschigen Piste. Eigentlich hatten wir die schöne Gegend abseits der Hauptverkehrsader und die malerischen Dörfer geniessen wollen. Dies geht aber völlig in die Hose: Erika leidet unter dem brutalen Durchrütteln, und ich sehe nichts von der schönen Gegend, weil ich konzentriert auf die Strasse starre, um das Tempo möglichst hoch zu halten. Denn wir haben nach einer halben Stunde bereits kapiert, dass der Polizist unrecht hatte. Und des Nachts wollen wir keinesfalls fahren. Komplett geschafft erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang den Grenzort Nakonde.

Am nächsten Morgen fahren wir vor 7Uhr zur sambischen Grenzstelle in Nakonde. Verena Hupe spricht in ihrem Reiseführer von einem lebendigen Grenzübergang. Wir sind aber trotzdem ganz schön überrascht: Auf diesen 2km ist scheinbar so alles auf den Beinen, was in dieser Stadt wohnt. Rechts und links säumen Verkaufsstände die Strasse. Buschtaxis, Taxis und Lastwagen sind unterwegs, und wie immer unzählige Fussgänger und Radfahrer. Was nun folgt, ist einer der aufwändigsten Grenzübergänge unserer bisherigen Reise. Zuerst belästigen mich ein Dutzend Männer, um ihre Helferdienste anzubieten. Ich wähle schliesslich einen aus, damit er mir vor allem die übrigen etwas vom Halse hält.

Das sambische Immigrationsbüro fertigt zügig unsere Pässe ab. Dann versuche ich beim Schlagbaum einen Laufzettel zu erhalten, werde aber direkt zum Zollbüro zurückgeschickt. Als ich dort keinen Laufzettel vorweisen kann, hat ein freundlicher Beamter ein Einsehen und sagt mir, er werde alles für mich erledigen. Nach etwa 15 Minuten ist er zurück, gibt mir das Carnet und sagt, ich könne die Grenze passieren. Nach einem Kontrollblick auf die erforderlichen Stempel im Carnet verabschiede ich mich dankend. Wir können mit dem Geo unbehelligt den sambischen Schlagbaum passieren. Keine hundert Meter weiter parkieren wir erneut und ich begebe mich ins tansanische Immigrationbüro.

Die Passkontrolle geht zügig von statten. Dann werden die beiden Visa erteilt und im Pass eingetragen. Dann geht’s auch hier zum Zollbüro. Ich muss längere Zeit zuerst in einem Schalterraum warten, später darf ich in ein Büro vorrücken, wo zwei Grenzpassanten mit einem Zollbeamten eine halbe Stunde über ein Carnet palavern und gestikulieren. Endlich bin ich dran. Der Mann will aber das Auto sehen, bevor er seine Stempel nutzt. Also geht’s raus zum Geo und der Beamte grüsst als höflicher Mensch zuerst Erika auf dem Beifahrersitz, bevor er hinten in die Kabine schaut. Es sei alles o.k. Also Marsch zurück ins Büro, wo er das Carnet ausfüllt und stempelt. Er bringt mich zur Buchhalterin, hier müsse ich noch die Zollgebühren bezahlen. Eine mürrische Matrone fertigt zuerst eine andere Grenzgängerin ab; dann zählt sie noch lange Banknoten, wahrscheinlich um mir zu zeigen, dass ich als Mann für sie Luft sei. Dann endlich darf ich meine 25$ „anlegen“, und mit schöner Schrift fertigt sie vier Exemplare Quittungen mit Diplomcharakter an.

Ich hoffe vergeblich, das Spiessrutenlaufen sei nun zu Ende, denn links und rechts des tansanischen Schlagbaumes ist je ein weiteres kleines Büro, wo noch einmal das Carnet kontrolliert und die Fahrzeugdaten aufgeschrieben werden, und auch meine Unterschrift noch in ein Buch hineingehört. Dann dürfen wir auch die tansanische Grenze passieren.