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Archiv Erika + Jürg - Reiseberichte - Südamerika 2010+ - Brasilien 2010 - Pantanal

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1. … 6. November

Reiseroute: Rio de Janeiro – Campo Grande - Pantanal, total 1635 km. Fotogalerie

Das zweite Highlight unseres Brasilienabstechers soll das Pantanal werden, eines der grössten inländischen Feuchtgebiete der Erde, etwa sechsmal so gross wie die Schweiz. Dazu fliegen wir nach Campo Grande, und von hier aus fahren wir mit einem Kleinbus in den südlichen Teil des Pantanal, wo wir als einzige Gäste für einige Nächte in einer Lodge einchecken.

Nach der langen Fahrt machen wir es uns im Garten am Rio Miranda unter einem Baum gemütlich, und beobachten auf einem Liegestuhl liegend die vielen Vögel über uns im Geäst und den Blättern, sowie neben uns am Boden. Da sind mal fünf Kormorane, die von hier aus den Fluss beobachten und hie und da vom Baum aus starten, um im Wasser Beute zu machen. Dann sitzen meistens ein bis zwei Hawks zuoberst, hie und da landen einige Paare kleiner grüner Papageien, weiterer noch kleinere gelbgrüne Vögel, sowie ganz schwarze. Am Boden tummeln sich feine graue Vögelchen mit roten Köpfchen, sowie mehrere Characaras. Zwei Eidechsen kraxeln auf dem Baum herum und machen Jagd auf Insekten.

Mit Luiz, unserem Führer, fahren wir frühmorgens den Rio Miranda mit dem Boot flussaufwärts. Luiz hält sich meist auf der einen Uferseite, und wir können unzählige Vogelarten beobachten: So sehen wir die hier in Südamerika beheimateten grossen Eisvogelarten, den belted kingfisher und den ringed kingfisher, dann diverse grosse Reiherarten, so den great blue heron, den tiger heron, den white necked heron, den black necked heron, sowie mehrere gedrungene Reiherarten.

Viele Kormorane halten auf hohen Bäumen Ausschau nach Beute, und an flachen Uferstellen stelzen Jabiruhs herum; dies sind grosse Störche mit schwarzem Kopf und Schnabel, sowie einem rotem Halsring. Der Jabiruh soll nach dem Kondor der zweitgrösste fliegende Vogel Südamerikas sein. Erstaunlich ist, dass ausser den Kormoranen keine Vögel auf dem Wasser schwimmen. Hat dies mit den unzähligen Kaimanen zu tun, welche am Strand oder im seichten Wasser liegen? Die an Land liegenden Kaimane flüchten sich bei Annährung unseres Bootes jeweils rechtzeitig ins Wasser und tauchen unter. Sicher ist sicher….

Im Wasser, oder zwischen den Wasserhyazinthen, oder im Ufergebüsch entdecken wir viele Capibaras, welche weit weniger scheu als die Kaimane durchaus ihren Standort in der Regel behalten, wenn wir uns nähern.

Immer wieder sehen wir einzelne Habichte und auch Characaras (grosse Falkenart) auf Bäumen sitzen, oder ihre Kreise drehen. In den Ufergebüschen versteckt lärmen Chacalacas. Endlich sehen wir auch zwei wunderschöne Tukane im Flug über den Fluss, der eine mit rein gelbem, der andere mit gelborangem Schnabel. Wie als Krönung bekommen wir auch spielende Riesenfischotter zu Gesicht.

Luiz hält bei einer Sandbank und wir beginnen Piranhas zu fischen, mit Rute und Fleischstückchen bewaffnet.  Erika ist (wie damals in Venezuela) einmal mehr viel erfolgreicher als ich und hat längst drei Stück an Land gezogen, als mir endlich der erste Fang gelingt. Die grösseren bereitet Luiz für unser Abendessen vor, die kleineren behält er für die Fütterung von Kaimanen, welche kurze Zeit später auf einer anderen  Sandbank stattfindet. Er steckt dort jeweils einen toten Fisch an einen Stock und lockt die Kaimane an Land, welche sich heranwagen und fast hochspringen, um die Beute zu erhaschen.

Ich darf auch füttern und Luiz macht Fotos von „meiner mutigen Tat“. Nun werde ich frecher und hebe einen Kaiman am Schwanz etwas hoch, und ziehe ihn rückwärts. Am Schluss spiele ich noch mit dem Stöckchen und kitzle einen Kaiman auf seiner Nase und Stirn, und er schnappt nach dem Stock.

Schliesslich kehren wir um und fahren wieder flussabwärts, wobei ich auf diesem Teil der Fahrt versuche, Blühendes zu fotografieren: Hyazintenblüten, zwischen den schwimmenden Gärten aus Blättern dieser Pflanze, dann auch Sträucher am Ufer.

Nach einer Siesta starten wir um 1530 für eine Nachmittagsfahrt flussabwärts. Es ist immer noch fürchterlich heiss, und die Sonne brennt auch via die Wasseroberfläche unbarmherzig.

Nun lässt Luiz das Boot ohne Antrieb fast lautlos das Ufer entlang gleiten. Dies erlaubt uns, besser den Vogelstimmen lauschen zu können, und die Vögel in den Baumkronen dank der akustischen Information auch ausfindig zu machen. Kaimane überraschen wir nun öfter, so dass diese keine Zeit mehr finden, um ins Wasser zu gleiten. Ebenso geht es mit Capibaras, welche uns beim plötzlichen Vorbeigleiten nur gerade mal verdutzt mustern.

Am Folgetag ist eine Gamedrive angesagt, so wie ein Trekking zu Fuss. Etwa um halb sieben klettern Erika und ich auf die Brücke eines Ford Pickups, und der Fahrer fährt Richtung Norden, tiefer in das Pantanal hinein. Etwa jeden Kilometer hat es eine (nummerierte) Brücke, wo die Sicht nach links und rechts auf die dort liegenden flachen Stellen und Tümpel etwas besser ist. Es hat hier vor allem Eisvögel, Reiher, Capibaras und Kaimane, später sichten wir einmal eine Art Hirsch und eine Gruppe schwarzer Wildschweine. Eine „Kleinausgabe“ der Capibaras, genannt Aguti, huscht hie und da über die Strasse. Später sehen wir an einer grösseren Wasserfläche Ibisse, Flamingos und Jabiruhs. Wiederum können wir auch einen einzelnen Tukan vorbeifliegen sehen.

Es beginnt aber bald einmal wie aus Kübeln zu giessen. Wir unterbrechen die Fahrt bei einem einfachsten Restaurant, und warten eine gute Stunde auf bessere Verhältnisse. Schliesslich fahren wir weiter, und trotz leichtem Regen dringen wir nun zu Fuss etwas in den Dschungel ein, wo Luiz  uns Pflanzen benennt und erklärt. Dann kurven wir zurück zur Strasse und bei bereits stärkerem Regen schlüpfen wir in unsere unsichere Karre (Vorderrad dauernd aufpumpen, wegen Batteriedefekt starten mit Gefälle, abgefahrene Pneus, undichte Plastikplanen) und in holpriger Fahrt geht’s zurück zu unserem Camp.

 

Am Folgetag fahren wir noch einmal flussaufwärts, in sehr gemächlichem Tempo und mit sehr leisem Motorgeräusch. Wir können deshalb wieder bis nahe an Reiher, Capibaras und Kaimane herankommen. Später steigen wir an einer Sandbank aus und wandern etwas durch den dichten Dschungel, wo wir aber kein einziges Tier ausmachen können, denn diese entdecken uns früher als wir sie. Zurück im Boot zeigt uns Luiz auf dichtbewachsenen Gebüschen sehr grosse Leguane, welche dann plötzlich aufgeschreckt in grossem Tempo meist über die Oberfläche des Gebüsches flüchten. Welch ein Unterschied zur gemächlichen Bewegung von Chamäleonen.